· 

The Ways have no names

Sonntag, 28.07.2019, Ljubljana. Here we go again. Wo finde ich auf dieser Tastatur bloss die Umlaute oder das "Scharfe S"? čćščščžđđćč hmmm okay. Wird wohl von Land zu Land eine etwas umgestaltende Form des Textes geben. Dass die Umlaute weichen mUEssen wird wohl bald nicht mein grOESStes Problem sein.

 

Wie dem auch sei, Tag 13 und ich koennte die zurueck liegende Woche nicht treffender beschreiben als das Auftauchen von wiederkehrenden Charakteristika. Selbst dieser ungemuetliche Sonntag scheint sich etablieren zu wollen. Die Woche ist durchweg warm bis heiss und allen voran verdammt trocken. Dann kommt der Sonntag und spuelt fast schon in methaphorischer Weise das Zurueckliegende in die Gullis weg. Kurz darauf stolzieren Menschen lebhaft ueber die Strasse als haette man gerade eine neue Lunge nach jahrelanger Qual erhalten. Was mich betrifft, trifft dies in Teilen zu. So quicklebendig die Abfahrt am Montag von Muenchen aus startete, so halb Mensch/ halb Schnecke, eben Schnensch, schlurfte ich die letzten paar Meter auf dem Ljubljanar Asphalt mit einem Geruch der seines gleichen sucht in Richtung des Apartments meines Host Miha. Miha, das sei hier erwaehnt, lies mich Vergangenes mit Gedichten und Liedtexten bei Gewitter und Bier "verdauen". Der Balkon auf dem wir bis in die Nacht sassen, so gross wie ein Schrank, entwickelte sich zu einem Ort kreativer Erguesse. Wenn mir in der Woche eines gefehlt hat, dann war es das. Viel Reden um den heissen Brei, dazu eine brennende Lunge.

Beginnen moechte ich jedoch wieder einmal in chronologischer Abfolge. Nun ich hatte vor Abfahrt ja noch etwas zu erledigen. Da war zum einen das Objektiv, welches ich bei Ebay Kleinanzeigen erworben konnte. Dazu sollte ich ja noch Schrauben und Muttern in einem Baumark kaufen um mir das Fortbestehen meines Lebens durch die richtige Anbrinung meiner Lenkrat Tasche zu gewaehrleisten. Zudem sollte ich noch das Rad entfetten und saeubern und die Taschen packen. Also fahre ich wortwoertlich an das andere Ende von Muenchen. 15 Kilometer einfache Fahrt. Baumarkt eins hat zu wegen - under construction? Jedenfalls treibt mich der Wahnsinn, noch am gleichen Tag in den Alpen anzukommen, durch diese Metropole. Und da ich sonst das Rad nur in Form eines Packesels kenne schaffe ich es einige Male sogar kurzzeitig abzuheben und Kreuzungen zu ueberfliegen - so zumindest empfinde ich es.

12.00 Uhr, die Glocken laeuten bedrohlich oft. Panisch ergreife ich die Flucht und schaffe es dabei mich 6! Mal trotz Navigationssystem zu verfahren. Selbst die mir so wichtige Tradition - Ansteuern Lidl, Kaufen billigste Snacks, Verschlingen und dabei dem Treiben auf dem Parkplatz zusehen - musste meiner kopflos agierenden Hysterie weichen. Entgegen jeglichem Lerneffekt erreiche ich tatsaechlich die Alpen. Fast schon unglaubwuerdig starre ich nach Huegel 35 und Bayrischen Kleindorf 27 (mit teils lustigen Fahnenmasten) auf diese anmutige Erscheinung. Po tut wieder weh, sehr sogar, die Kilometer werden bis zum "Tor" der Alpen (was in etwa die Inn darstellt, siehe Foto) aber routiniert runtergefahren.

"Tor" zu den Alpen - Trauerweide bester Baum
"Tor" zu den Alpen - Trauerweide bester Baum

Nun hab ich es also tatsaechlich geschafft. Waehrend ich schier planlos auf die ersten schnuckelig aussehenden Doerfer zufahre ueberkommt mich ein merkwuerdiges Koerpergefuehl. Als ob eine Armada an Armeisen jeden Teil des Koerpers inner- wie auch ausserhalb durchstroemt. Unruhig, fast schon pansich fahre ich die Strassen auf und ab mit der Hoffnung im Gepaeck ein Gewaesser vorzufinden. Tatsaechlich finde ich verlassen in einer kleinen Schlucht einen Bergsee. Ich reisse foermlich die Kleider vom Leib und springe rein. Weder Kaelte noch Naesse spuere ich fuer einen Augenblick, ich halte zunaechst inne und atme tief aus. Das unangenmehme Gefuehl verfliegt und bleibt bis heute eine Art Mahnung an mich einen kuehlen und keinesfalls sturen Kopf zu bewahren. Zeit im Uebermass ist eine elementare Ressouerce meiner Reise und diese sollte stets oberste Prioritaet haben. Die zuvor mir vorgegebenen Routen wurden konsequent in ihrer Laenge ueberschritten, sodass ich teilweise den Blick fuer das Wesentliche verlor. Ich gelobe Besserung - hoffentlich halte ich das auch ein. :)

So endet der Tag an einer Wiese bei der mir liebe Nachbarn zusichern koennen voellig ungestoert campen zu duerfen. Die Wiese verlief an einer Art Kanal von der aus ein trocken gelegter Zugang mit Rohren zu meinem Stellplatz verlief. Es roch verdaechtig nach Verwesung. Ich robbe samt Zelt also ein Stueck weit nach oben, da wo das Wasser nicht hinkommen kann und erwarte Besserung. Tatsaechlich aber haelt der Geruch, ein wirklich unangenehmer Duft der mich an in der Sonne bei 35 Grad haengendem Fleisch auf marrokansichen Maerkten erinnert. Als ich dann das Zelt aufmache faellt mir auf dass eine zunaechst undefinierbare klebrige Masse an der "Tuer" feststeckte. Es war eine riesen Schnecke die ich wohl am Tag vor Muenchen eingerollt habe. Sie lebte dann wohl ein wenig weiter bis sie zu dem wurde was sie nun ist. Ein Anblick und Geruch - kaum zu beschreiben. Was mache ich gegen den bestialischen Geruch? Ich bespueh das erst am Tag zuvor gekaufte Kettenentfettungssray reichlich auf die Stelle. So schlief ich dann konstant mit Wuergereiz in einer Atmosphaere irgendwo zwischen Kfz-Werkstatt und Leichenhalle.

Tag 2 der neuen Woche startet ziemlich unspektakulaer. Schnell beim Zusammenpacken sicher gehen keine unliebsamen Wegbegleiter einzupacken und zack befinde ich mich schon auf dem Weg zur Grenze nach Oesterreich. Verrueckt wie unspektakulaer diese Ueberquerung der Grenze diesertage sein kann. Ich will flott zum Fotoschiessen anhalten jedoch schleift mich quasi ein LKW mit 80 Km/H hinter sich her. Nun gut ich sollte sicher noch weitere Moeglichkeiten erhalten solche Grenzuebergaenge fotografisch festzuhalten. Das Tagesziel ist Zell am See. Da jedoch einige Huegel mich von diesem traumhaften Ziel trennen, sollte es also eine weitere anspruchsvolle Aufgabe fuer mich und meinem Po sein. Als es dann unertraeglich wurde kam mir die glorreiche Idee meine dicke Jacke auf dem Sattel zu spannen. Waehrend ich also dieses ziemlich laecherlich aussehende Konstrukt baue wird mir Kies durch eine gekonnte Bremsung eines Mannes auf die Beine gestreut. Martin, mitte 30, durchtrainiert mit selbstbewusstem Auftreten wolle wissen wo es hingeht. Eingeschuechtert erwiedere ich Zell am See. "Ah das liegt auch noch auf meiner Tour. Ich wollte noch ueber den Grossglockner Richtung Italien/Slowenien." - "Ah cool, da hast du dir aber eine anspruchsvolle Strecke vorgenommen" - sage ich und erhoffe mir gleichzeitig, dass er nicht fragen wuerde wo ich hin moechte um mich zu begleiten. "Ach du willst nach Zell am See? Dann nichts wie auf, hopp hopp..." Willenlos und weiterhin eingeschuechtert fahre ich vor. Ich werde wie Vieh getrieben, lasse es mir nicht anmerken aber schlucke beinahe die Kotze vor Erschoepfung das ein oder andere Mal runter. Peitschenhiebe spuerte ich. Ich erfand sogar mal Ausreden wie "Oehm warte mal kurz, ich glaube mein Schuh ist offen" nur um geheiligte 37 Sekunden durchatmen zu koennen. So erreichen wir also tatsaechlich in unmenschlicher Zeit Zell am See. Dieser verrueckte Dude haelt weiterhin an seinem Plan fest den Grossglockner hochzufahren. Die Uhrzeit will er nicht wissen. Spielt keine Rolle.

Was gibt es zu dem zuvor spektakulaer anmutenden See zu sagen? Naja ich hielt mich exakt 30 Minuten an einem offiziellen Badestrand auf dem allerlei nacktes Fleisch und klaeffende Kleinhunde wie ein Wurstsalat durch die Gegend laufen. Da es nicht meinen Erwartungen entspricht sehe ich mein Heil in die Flucht und fahre weiter Richtung Taleingang des Grossglockners. Immerhin soll ich diesen Pass am darauffolgenden Tag ueberqueren und ich dachte es waere hilfreich so nah wie moeglich zu starten. Ich finde einen Flugplatz bei dem direkt ueber meinen Kopf jede 15 Minuten ein Leichtflugzeug abhebt. Mit jedem Piloten habe ich somit fuer einen kurzen Augenblick Blickkontakt. Er hebt ab, ich stopfe mir Nudeln mit Pesto rein. In Nachbetrachtung eine recht kuriose Situation. Aber auch da gab es keine Probleme, keine Polizei. Durchweg habe ich was das Campen angeht ausschliesslich positive Resonanz sowohl in Deutschland als auch in Oesterreich erfahren. Der Sonnenuntergang tat sein uebriges und leicht emotional und erfuerchtig kroch ich in mein miefendes Zelt mit der Hoffnung den naechsten Tag gut ueber die Buehne zu bringen.

Am Morgen des 3. Tages finde ich mich in einem McDonalds wieder. Katzendusche gegen Nervositaet. Es hilft aber alles nichts, so muss ich irgendwann auch mal los. Tatsaechlich ueberwiegt die Freude, noch. Ich fahre also das Tal Richtung Hochtor (dem Pass am Grossglockner) hoch. Die Steigung haelt sich in Grenzen, sodass fuer lange Zeit die Illusion aufrecht erhalten konnte "dass ich ja einfach so hochradeln werde". Jedoch aenderte sich die Stimmung gewaltig als ich bemerkte dass die Hoehenmeter nur sehr gemaechlich voranschreiten. Die 3 gebunkerten Dosen Energiedrinks saufe ich direrkt weg. Die waren eigentlich als Etappenziele vorgesehen. Und ich bin ja nicht mal an dem Punkt wo die Autos durch eine gebuehrenpflichtige Schleuse passieren mussten. Mit Kraempfen und Kaempfen in Bein und Kopf schaffe ich es also auf die ersten 1000 Meter. "Wow, da kommen ja dann nur noch schlappe 1500 Meter hinzu..." Waehrend ich schon fast mich mit dem Gedanken anfreunde wieder zurueck zu rollen und die Niederlage anzunehmen, sehe ich zwei Radler mit der selbigen Ausstattung. Carlo und Dani aus Sueddeutschland. Kurze Verstaendigung und zack sauge ich mich an deren Hintern fest. Kleinster Gang, bloss nicht nach oben auf den Rest des Weges blicken und schnacken. Schnacken, schnacken, schnacken. Wir reden ueber das Studium, die Caritas und eben Gott und die Welt. Ploetzlich sind wir dann auf 1800 Meter und jede Kurve sind es dann wiederum 100 mehr. Ich habe Bock, beisse mich in jeden Tritt rein und merke nicht wie ich die anderen hinter mir lasse. So weit, dass eine eingelegte Pause nicht dazu fuehrte, dass wir wieder zusammenfanden. Schade, denn ich habe beide wirklich sehr gemocht. Trotz oder gerade wegen dieser schwierigen Umstaende waren wir uns auf Anhieb sehr sympatisch. Der Rest war dann eine Mischung aus Anfeuerung a la Tour de France an der Seitenlinie und Schweiss der wie ein Wasserfall mir ins Gesicht lief, dass ich teils mit anderen Sinnen als dem Sehen ins Ziel mich schleppe. Es war geschafft. Das Gefuehl ist nicht zu beschreiben. Das Grinsen kriege ich nicht mehr aus dem Gesicht raus. Zur anderen Seite geht es dann recht zuegig wieder runter. Unten im Tal angekommen kaufe ich mir Bier, viel Bier. Mir war weiterhin zu Feiern zu mute, trotz Anstrengungen. Pudelnackt springe ich in das 10-15 Grad frische Wasser des Baches und plansche, ich plansche wie ein kleines unbeschwertes Kind. 

Ein gluecklicher Caritas Mitarbeiter hochoben auf 2500 Meter
Ein gluecklicher Caritas Mitarbeiter hochoben auf 2500 Meter

In dieser Unbekuemmertheit vermisse die Alpen bereits jetzt obwohl ich noch in diesen bin. Es ist wie ein Abschied nehmen eines Teils der Erde der mir schon immer gefiel. Als Kind konnte und wollte ich mich nie so einfach trennen. Diese tief gruenen Wiesen mit den suessen Holzhaeusschen und den Gebirgsketten wo jeder einzelne Berg spezifische Charakterzuege innehat. Die Atmosphaere gibt mir das Gefuehl von Geborgenheit und Zuflucht. Satt sehen kann ich mich an Staedten zu genuege, ein Leben in den Alpen jedoch vermag vollkommene Zufiedenheit - zumindest fuer mich. Selbst wenn ich durch mich selbst oder eben durch Wegbegleiter durchgescheucht werde.

Doch noch steht einiges auf der Agenda. Der 4. Tag sollte mich bis an die Grenzen Sloweniens bringen. Kaum vorstellbar, dass eine Durchquerung durch die Alpen ohne jegliche Unterstuetzung seitens Autos, Zuegen oder anderen Fahrzeugen, innerhalb von weniger als einer Woche stattfinden kann.

Vom Startpunkt dieser Etappe aus wuerde es laut Navi durchweg Bergab gehen. Es fuehlt sich aber alles viel schwieriger an. Sollte ich also durch den Tag zuvor mit der darauffolgenden Singe-Party Tribut zollen? Physisch geht es mir aber gut. Ich empfinde zumindest keine nennenswerte Beschwerden, okay abgesehen von dem leidigen Thema des Pos. Doch zum ersten Mal seit Beginn der Tour habe ich Gegenwind und das volle Bandbreite. Das ist schon ziemlich zermuerbend, wenn es bergab geht, du aber kaum von der Stelle kommst. Dazu wiederholt sich das Bild wie eine Schallplatte mit Sprung. Es geht schraeg links bergab, dann schraeg rechts bergauf hoch zu einer Siedlung um diese dann in einem Halbkreis zum umfahren um dann wieder schraeg links bergab zu fahren und.... Jedenfalls wiederholt sich dieser Prozess unzaehlige Male gespickt mit teil aggressiven Autofahrer, bis schlussendlich Villach, eine mittelgrosse Stadt an der Grenze zu Slowenien, erreicht wird. So entscheide ich mich ein weiteres Mal weiter zu fahren. Ich wuesste nicht was mich dazu bewegen soll in der Stadt zu bleiben. Leider muss man eine autobahnartige Strasse fuer genau 6,7 Kilometer passieren (ja ich habe jeden einzelnen Meter gezaehlt) um letztlich in eine ruhige Siedlungsregion mit Fluss zu gelangen. Selbes Prozedere as usual: Nackt baden, nackt kochen, anziehen und zum Schluss das Zelt aufbauen (falls doch jemand ein Problem damit haben sollte, bleibe ich somit flexibel), Geschirr im Wasser spuelen, Fotos des Tages einmal durchgehen und zum Schluss lesen. Bevor ich jedoch das Buch zur Hand nehmen konnte faehrt am Weg ein sichtlich orientierungssuchender junger Mann vorbei. Jonas ist sein Name, just vor einer Stunde mit dem Zug von Bonn aus angereist mit dem gleichen Ziel wie ich: Am naechsten Tag den Wurzenpass nach Slowenien nehmen. Wir plaudern ein wenig bis die Angst vor einem aufkommenden Gewitter ihn dazu zwingt sein Zelt aufzubauen. Die Nacht war so schwuel und heiss dass ich mich kurzerhand dazu entschloss mit dem halben Koerper draussen zu naechtigen. Falls monsunartiger Regen aufkommt, ich wuerde es frueher oder spaeter merken.

 

Top motiviert und ueberraschender Weise staubtrocken erwachen wir beide. Quasi wie ein Wettkampf entwickelt sich das Einpacken unserer Sachen. Keiner wollte so richtig Zeit verlieren. Also dann los. HAAAAAAALT STOP!!!! - wuerde nun Andreas sagen. Nichts da, aus irgendeinem mir nicht erklaerbaren Grund konnte ich nicht losfahren. Die Bremsen standen so stark auf den Felgen, dass jegliche Bemuehungen in Tritt zu kommen schnell in Verzweiflung umspringen. Voellig in Eile und Rage montiere ich alles ab und vergesse dabei zu merken wo ich die eine wichtige Schraube hingelegt habe. Nun stehe ich also nicht nur vor einem schier unloesbaren Problem mit dem Bremsen, sondern erschwerend hinzu folgt auch die Erkenntnis, dass die eine wichtige Schraube unauffindbar scheint. Insgesamt 1 1/2 Stunden wuehlen wir im Dreck bis ich die gelobte Schraube finde, es fuehlt sich sogar beinahe wie ein Sieg an, aber eben nur beinahe, denn ich muss trotz aller dem noch zur Werkstatt fahren. Also geht es wieder die Horrorstrecke zurueck nach Villach, 6.7 Kilometer Autobahn. Wahrlich ein Traum. Zu meiner Ueberraschung laesst sich in der ersten Werkstatt recht schnell das Problem finden und beheben, sodass ich wohl doch noch den Pass am selbigen Tag befahren kann.

Nun denn, es kann losgehen. Also natuerlich erst wenn ich wieder diese 6.7 Kilometer geisteskranker Strecke ueberwunden habe. So langsam scheinen sich die Autofahrer an mich gewoehnt haben, zumindest weniger hupen und poebeln. Der Wurzenpass ist laut Map ein nicht wirklich unbezwingbar zu scheinender Pass. Recht kurz und ohne spektakulaeren Serpetinen. Doch am Tag zuvor warnte mich mein Vater via WhatsApp noch vor der Intensitaet und Steigung. So manch ein Autofahrer waere klaeglich daran gescheitert und so sollte er Recht behalten. Der Grossglockner war eine nie endende Wand, aber eine mit humaner Steigung. Der Wurzenpass dagegen hatte durchweg eine Steigung von 18-22%, bei 70 Kilogramm plus Eigengewicht kann sich ein jeder meine Situation vor Ort vorstellen. Irgendwie schafft man es dann aber ja doch und schlagartig ueberquerte ich die Grenze nach Slowenien. Diesmal hatte ich sogar die Chance ein Bild zu schiessen.

Die Strassenverhaeltnisse in Slowenien lassen sich als stark ambivalent beschreiben, zumindest was die Radwege angeht. Wurde ich quasi am Anfang durch extra grosse, eigene Radwege auf Haenden getragen endeten diese aber teilweise abrupt, sodass man auf Landstrassen gezwungenermassen ausweichen muss. Nur leider sind die eben fuer Radfahrer und Kutschenfahrer strengstens verboten!!!! Hm da aber in Slowenien diese Art von Strasse fast jede zweite ist stehst du vor einem nicht loesbaren Raetsel. Da das Navi so sau schlau ist und diese Verbote im System kennt, spuckt es dir konsequent alternative Routen raus. Was dann auf der Karte zu sehen ist hat eher was mit dem Spiel "Snake" der alten Nokia Modelle zu tun. Die Slowenen hatten aber anscheinend kein Problem damit, dass ich diese krasse Regel breche. Einer hat mir sogar den Daumen gezeigt, oder es war einfach zynisch gemeint. 

In der Naehe vom beruehmten Nationalpark mit dem noch beruehmteren Ort Bled scheine ich ein recht unberuehrten Fleck Natur erwischt zu haben. Zumindest sagt mir das mein Gespuer. Als ich dann aber bereits alles ausgebreitet habe bemerke ich einen Hundehaufen nach dem anderen. Ich schuette Kies und Sand drueber mit der Hoffnung Gestank und Anblick zu vermeiden. Aus dem am Anfang doch so ruhigen Paradies entwickelte sich aber schnell gar ein Mekka fuer Hundehalter. Hm das haette ich mir auch denken koennen. Teilweise tuermten sich Mensch und Hund und fanden keinen Platz zum hinkoten. Zum Glueck hat jeder auch ordnungsgemaess das Hinterbliebene mit Tuete aufgenommen und entsorgt. Kann aber auch daran liegen, dass ich wie ein Bademeister kontrollierend zur Seite stand.

Jedenfalls muss ich die Nacht schwitzen, es ist wirklich keine Option das Zelt auf zu machen. Zum ersten Mal empfinde ich mein Zelt als gutriechend und komfortabel. Welch Ironie.

Aufgeweckt wurde ich von lauten Geraeuchen und mehreren aggressiv klingenden Maennern. Ich bemerke sehr schnell, dass diese Maenner in meiner unmittelbaren Naehe sich befanden. Die Stimmen werden immer bestimmter und ein lautes Zuknallen von Autotueren begleitet diese nicht wirklich beruhigend klingende Atmosphaere. So traue ich mich dann doch irgendwann das Zelt aufzumachen und erblicke 3er BMWs, neuste Edition. Heilige Maria, was zum Teufel geht da vor, es ist 6:30 am Morgen und hier treffen sich aggressiv klingende Maenner im absoluten Nirgendwo (nicht fuer Hunde)? - denke ich mir. Ich fange an meine Sachen zu packen, so schnell es geht. Vielleicht kriegt es keiner mit. Dann aber hoere ich wie die Maenner sich was zurufen und dann hervortreten. Fast mein Herz auskotzend erblicke ich nun drei Maenner in Angleruniform mir zulaechelnd. Paralysiert winke ich nur zu und stottere: "Ahh you guys are fishing, have fun!"

 

Den Schock noch tief in den Beinen mache ich mich auf nach Ljubljana, raus aus den Alpen. Gefuehlt befinde ich mich aber weiterhin drin. Es geht auf und ab, ununterbrochen. Hinter jedem Huegel tritt ein noch groesserer hervor. Slowenien ist wirklich an kein einziger Stelle flach, fazinierend und doch auch etwas demoralisierend. Gegen spaeten Mittag erreiche ich dann die Hauptstand Sloweniens mit der Einladung eines guten Freundes bei ihm fuer das Wochenende unterzukommen. Doch bevor ich der Einladung nach gehe muss ich eine wichtige und unausweichliche Aufgabe noch nachgehen: Alles, wirklich ausnahmslos alles waschen was ich bei mir trage. So fahre ich straight zu einem Waschsaloon und schmeisse alles rein ausser das was ich am Koerper trage. 3 Maschienen werden von mir geblockt, eine alleine fuer das Zelt. Unmut macht sich breit bei den anderen wartenden Menschen. Mir egal, da fuehrt wirklich kein Weg dran vorbei.

Kreativitaet und Leidenschaft - Miha ein Host der das Leben zu schaetzen weiss
Kreativitaet und Leidenschaft - Miha ein Host der das Leben zu schaetzen weiss

Noch bevor ich die fertige Waesche aus dem Trockner entnehme, statte ich Miha einen Besuch ab. Wir verstehen uns von Grund auf gut. Er natuerlich sehr an meine Tour und dem Erlebten interssiert, ich an das Leben hier in dieser Stadt und vor allem an seinem Werdegang. So folgte was folgen musste: Statt dass wir wie eingangs geplant die Stadt unsicher machen trinken erzaehlen wir uns eine Menge. Wir debattieren, philosophieren und lachen ueber Kleinigkeiten die Menschen unter dem Balkon veranstalten. Je mehr Bier floss umso eher oeffnete man sich und so gestand mir Miha, dass er viel Schreibt und festhaelt. Er singt und ist ein ziemlich populaerer Saenger in Slowenien. Wir singen und hoeren uns seine Musik an. Dabei versucht es stets die Liedtexte ins Englische zu uebersetzen. Selbst nach der Uebersetzung konnte ich teilweise nicht dem Inhalt folgen. Liegt dies wohl eher an meinem mangelnden poetischen Gespuer, versuche ich nichtsdestotrotz stets die Main-Message zu greifen. Das was ich verstehe laesst mich dann teils sprachlos zurueck.

Heute an diesem Sonntag hat sich, wie schon eingangs erwaehnt, der Himmel ein weiteres Mal geoeffnet. Es regnet wie aus Kuebeln. Das haelt uns jedoch nicht davon ab in die Altstadt zu gehen. Obwohl Ljubljana "nur" 300.000 Einwohner hat, hinterlaesst diese Hauptstadt einen imposanten Eindruck. Hier ist jegliche Form kultureller Natur an einem Ort kommuliert. Musik, Sprache, Kunst und Architektur. Miha fuehlt sich in dieser Stadt sichtlich pudelwohl und das kann man auch verstehen. Alles ist nah- und greifbar und doch so divers wie auch international. Zum Abschluss laed Miha mich zum Essen in einem slowenischen Restaurant ein. Mir lernen dort zwei junge maltesische Frauen kennen, es fliesst eine Menge Wein. Etwas beschwipst kehren wir wieder heim, sodass mir noch genug Zeit bleibt diesen Blog forzufuehren. Miha schreibt derweil in der Kueche ein neues Lied. Ihm scheint das Wochenende auch die Energie und Kreativitaet erbracht zu haben, wie ich sie erhalten habe.

Kommentar schreiben

Kommentare: 6
  • #1

    Maman (Montag, 29 Juli 2019 08:53)

    <3 ich Liebe es <3

  • #2

    michel lukassen (Montag, 29 Juli 2019 12:38)

    Hallo Laurent ,

    Habe wieder alles mit viel Aufmerksamkeit gelesen.
    Wünsche dir eine schöne Woche.

    Gruß Michel

  • #3

    Papa (Montag, 29 Juli 2019 20:40)

    Ich bin total begeistert. Deine Geschichten sind so lustig. Mehr davon. Auch wenn Du weit weg bist von uns , bist Du durch Deinem Blog bei uns im Wohnzimmer.

  • #4

    Fabienne (Mittwoch, 31 Juli 2019 11:49)

    Krieg jedes Mal ein bisschen Fernweh, wenn ich die Texte lese und Bilder angucke. Unbedingt weiter machen!

  • #5

    Martin Zimmer (Donnerstag, 08 August 2019 20:47)

    Dein Schreibstil lässt sich durchwegs gut Lesen, alle Achtung. Und ich dachte immer man der fährt aber richtig schnell, ohne das mir der Gedanke kommen konnte das du dich getrieben gefühlt hast. Auf jedenfall, mach weiter so. Ich beneide dich, für deine Wortgewandheit die du unbeschreiblich gut in wohl klingende Sätze wandeln kannst. Hab es noch bis nach Heiligenblut geschafft. Erinnerst du dich� Danke für die Begleitung bis Zell am See. Ich wünsche dir weitere positive Erlebnisse. Und unbedingt hier weiterschreiben! Viele Grüße Martin der mit der Peitsche hinter dir fuhr.

  • #6

    Senfkutte (Donnerstag, 08 August 2019 22:14)

    Alles schön und gut, aber wann fällt der erste Ground?